Künstliche Melaninproduktion

künstliche melaninproduktion

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Künstliche Melaninproduktion in der menschlichen Haut

Für die Entstehung von Hautkrebs gelten 3 Aussagen:

1) Die Anzahl der Hautkrebsfälle steigt seit Jahren stetig an.

2) UV induzierte Erbgutschäden sind bei Basaliom, Spinaliom und Melanom ursächlich an der Krebsentstehung beteiligt.

3) Die menschliche Haut hat Schutzmechanismen entwickelt um sich vor UV-Strahlung zu schützen. Der wirkungsvollste ist die Bildung von braunem Pigment, dem Melanin. Es absorbiert – in einem gewissen Rahmen – die UV-Strahlung und wandelt sie in Wärme um. Stärker pigmentierte Menschen besitzen einen besseren Eigenschutz und haben damit ein niedrigeres Hautkrebsrisiko als Hellhäutige.

Könnte man die Melaninproduktion künstlich steigern, hätten hellhäutige Personen dadurch einen besseren Eigenschutz vor UV-Strahlung.

Möchte man die Melaninproduktion auf chemischen Weg ankurbeln, muss man wissen, „an welchem Rädchen“ man in der Zelle drehen muss.

In den letzten Jahren hat die Wissenschaft schon einiges herausgefunden über die Signalwege die zwischen – Input: UV-Strahlung und Output: Melaninproduktion – liegen.

Kurzer Abriss des Signalwegs: Von der UV-Strahlung bis zur Melaninproduktion

Wenn die Keratinozyten der Haut mit UV Strahlung konfrontiert sind,  produzieren sie ein Peptidhormon a-MSH (alpha Melanozyten stimulierendes Hormon). Sie geben dieses Hormon an ihre Umgebung ab. Es bindet an die MC1R Rezeptoren in der Membran der Melanozyten. Daraufhin wird ein Signalweg in Gang gesetzt, der zur Herstellung des Transkriptionsfaktors MITF führt. MITF gilt als „master regulator“ für die Melaninsynthese.  MITF bindet an ausgewählte Stellen im Erbgut und aktiviert so  die Synthese von Enzymen, die die Umwandlung der Aminosäure Tyrosin in den Farbstoff Melanin bewirken.

An zahlreichen Stellen in der Signalkette von MC1R bis zum Transkriptionsfaktor MITF kann die Zelle regulierend – Signal verstärkend oder Signal schwächend – eingreifen. So wird z. B. der „master regulator“  MITF von einem Hemmstoff (SIK2) in seiner Aktivität behindert. Blockiert man nun diesen Blockierer durch den Wirkstoff HG (HG 9-91-01) kann MITF die Melaninsynthese ungestört ankurbeln.

Diese Idee haben die Forscher aus der Arbeitsgruppe um David E. Fisher von der Harvard Medical School verfolgt. Sie wollten herausfinden, ob man durch die Gabe von HG die Pigmentmenge in der Haut steigern kann [1].

Zunächst untersuchten sie Zellkulturen von Melanozyten. Gaben sie HG in die Nährlösung der Zellen, konnten sie eine Zunahme an MITF messen und anschließend eine stärkere Pigmentierung der Zellen beobachten.

Behandelten sie die vorher enthaarte Haut von Mäusen mit HG, beobachteten sie ebenfalls eine stärkere Pigmentierung. Die Pigmentierung steigerte sich im Laufe der Behandlung und bildete sich zurück, als die Behandlung stoppte.

Da der Originalwirkstoff HG nur schwer in die Haut eindringt, entwickelten die Forscher chemische Varianten dieser Substanz. Sie sollten chemisch so verändert werden, dass sie leichter in die Haut eindringen.  Zwei dieser HG-Varianten erzeugten in Hautexplantaten aus der menschlichen Brust ebenfalls eine Braunfärbung. Es genügte die HG-Varianten auf die Haut aufzutragen um eine Braunfärbung hervorzurufen. Das Original HG hingegen musste kräftig eingerieben werden und dann verfärbte sich die Haut nur schwach.

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Es gelang den Forschern, durch das Aufbringen des Wirkstoffes HG (oder seiner Varianten) die Melaninsynthese in Zellkulturzellen, auf Mäusehaut und auf menschlicher Haut anzuregen.  Die Bestrahlung mit UV, die üblicherweise diese Vorgänge auslöst, war dabei nicht notwendig. Darüber hinaus wurde das Melanin von den Melanozyten an die benachbarten Keratinozyten weitergegeben. Dies entspricht dem natürlichen Vorgang bei der UV induzierten Melaninsynthese. Somit ist es ihnen gelungen, sowohl die Melaninsynthese als auch die Verteilung des Melanins in der Haut anzuregen, ohne UV-Strahlung einzusetzen.

David E. Fisher und seine Kollegen sind somit einen großen Schritt vorangekommen.  Dies könnte ein vielversprechender Weg sein, den Eigenschutz der Haut zu steigern. Hier geht es  nicht um das „ optische Aufhübschen“ durch einen gebräunten Teint, sondern darum, die Schädigung durch UV-Strahlung zu minimieren. Menschen mit schwacher Pigmentierung oder Pigmentierungsstörungen könnte dadurch geholfen werden.

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Bevor  HG am Menschen eingesetzt werden kann, sind allerdings noch einige offene Fragen zu klären

  • Bei den HG behandelten Mäusen waren keine negative Auswirkungen der HG Behandlung zu beobachten. Die Haut der Mäuse entwickelte sich normal und im Mikroskop waren keine Veränderungen des Gewebes zu sehen.
  • Über die Verträglichkeit der HG Substanzen im Menschen ist allerdings noch nichts bekannt. Dies muss erst noch genau untersucht werden. Besonders hinsichtlich folgender Fragen:
    • Welche negativen Auswirkungen hat das vermehrte Pigment in der Haut? Da der Vorgang der HG induzierten Pigmentsynthese allerdings reversibel ist, nimmt man an, hier auf kein größeres Problem zu stoßen.
    • Welche Nebenwirkungen hat die Ausschaltung des Inhibitors SIK?
    • Welche Nebenwirkungen hat ein „ungehemmtes“ MITF?
  • Natürlich muss auch noch an der optimalen Dosis und dem besten Anwendungsschema (wann, wie oft auftragen, in welchen Abständen) gefeilt werden.

Literatur:

[1]          N. Mujahid, Y. Liang, R. Murakami, H. G. Choi, A. S. Dobry, J. Wang, Y. Suita, Q. Y. Weng, J. Allouche, L. V. Kemeny, A. L. Hermann, E. M. Roider, N. S. Gray, and D. E. Fisher, “A UV-Independent Topical Small-Molecule Approach for Melanin Production in Human Skin,” Cell Rep., vol. 19, no. 11, pp. 2177–2184, Jun. 2017.

 

 

Dr. Andrea Zgaga-Griesz
azg

Hallo, ich bin promovierte Diplom-Biologin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Lebenswissenschaften, Sachbuchautorin und Bloggerin.

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