Sonnenstudios in Spanien

Spanische Landkarte eingefärbt in den Farben der Nationalflagge

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Sonnenstudios in Spanien

Die UV-Strahlung gilt als einer der wichtigsten Auslöser für Hautkrebs. Die Hautkrebsraten steigen seit Jahrzehnten an.

Auf der ganzen Welt überlegen Gesundheitsorganisationen welche Schutzmaßnahmen sie ihrer Bevölkerung ans Herz legen sollen. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Prävention, also die Vermeidung von Schäden indem man der Strahlung aus dem Weg geht.

Am einfachsten vermeiden lässt sich die künstliche UV-Strahlung, wie sie z. B. in Sonnenstudios angeboten wird. Brasilien beispielsweise hat 2009 den Betrieb von Sonnenstudios verboten.

Andere Länder treffen keine so radikalen Maßnahmen. Hier arbeitet man mehr mit der Aufklärung der Bevölkerung und einer gesetzlichen Regulierung der technischen Ausstattung der Sonnenbänke.

Die Internationale Technische Kommision (IEC) hat 2002 die Norm EN-60335-2-27 (Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke – Besondere Anforderungen für Hautbehandlungsgeräte mit Ultraviolett- und Infrarot-Strahlung) herausgegeben. Sie gibt technische Richtwerte vor, die von Herstellern von Sonnenbänken eingehalten werden sollen. Hier wurde  z. B. festgelegt, dass die sonnenbrandauslösende Bestrahlungsstärke einer Sonnenbank 0,3 W/qm nicht überschreiten darf. Dies entspricht der Stärke der Äquatorsonne.

In Deutschland gilt seit 2012 die UV-Schutzverordnung. Hier hat der Gesetzgeber nicht nur die technische Ausstattung der Geräte vorgegeben,  sondern auch die gesundheitlichen Aspekte der Bestrahlung berücksichtigt. Gesetzlich zulässig sind nur noch Sonnenstudios, die ihre Kunden ausführlich über Gefahren und Risiken der UV-Strahlung aufklären, eine Hauttypbestimmung durchführen und, für jeden Kunden einen individuellen Dosierungsplan erstellen.

Wie ist die Situation in den spanischen Sonnenstudios? Welche technische Ausstattung haben Sonnenbänke in Spanien? Gibt es eine ähnlich umfangreiche gesetzliche Regelungen wie in Deutschland?

Gesetzliche Regelung in Spanien

Seit 2002 müssen Sonnenbänke jährlich und nach jedem Tausch der Leuchtmittel von dafür zugelassenen Firmen kontrolliert werden. Die sonnenbrandwirksame Bestrahlungsstärke darf 0,3 W/qm nicht überschreiten. Emissionen unter 295 nm sind nicht gestattet.

Eine Regelung, die der deutlich weitergehenden deutschen UV-Schutzverordnung entspricht, gibt es meines Wissens nicht. Nach dem spanischen Gesetz gibt es keine Empfehlungen für Bestrahlungszeiten oder Expositionsdosen.

Die Forschergruppe um Yolanda Sola [1] hat sich aufgemacht, den IST-Zustand der spanischen Sonnenbänke zu ermitteln und das Strahlenspektrum mit dem der natürlichen Sonne zu vergleichen.

Vorgehensweise

  • 52 Sonnenbänke der am häufigsten genutzten Marken in Spanien wurden untersucht.
  • Die Messungen wurden im Zeitraum von 2009-2014 im Rahmen der jährlichen Inspektion durchgeführt.
  • Die Sonnenbänke befanden sich in Schönheits- und Fitnesscentren, beim Friseur, im Sonnenstudio, Parfümerien und im Spa.
  • Gemessen wurde mit dem Spektroradiometer SR9910, im Wellenlängenbereich von 250 nm bis 400 nm in 1 nm Schritten. Das Gerät wurde regelmäßig kalibriert (gemäß den Vorgaben des „Institute of Optics oft the Spanish Scientific Research Counceil“).
  • Vor der Messung ließ man die Lampen „einbrennen“ (ca. die Hälfte der vom Hersteller erlaubten maximalen Brenndauer/Kundenbestrahlung) um Schwankungen zu vermeiden.
  • Die maximale Bestrahlung wurde im kürzesten Abstand zur Strahlenquelle gemessen. Für horizontale Sonnenbänke wurde die Bestrahlung von oben und unten getrennt gemessen. Für vertikale Besonnungsgeräte wurde ein Abstand von 10 cm zur stärksten Bestrahlungsquelle gewählt.
  • Das Spektrum der Kunstlampen wurde mit dem Sonnenspektrum mittags bei wolkenlosem Himmel verglichen.
  • Die Sonnenstrahlung wurde an einer horizontalen Fläche gemessen, in Barcelona, alle 30 Minuten von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang im Jahr 2011 und 2012. Mit einem Spektroradiometer Bentham DTMc300. Wellenlängenbereich: 290-400 nm, in 0,5 nm Abstand.

Ergebnisse

Die Emission ist abhängig von Typ und Anzahl der eingesetzten Leuchtmittel und von den Betriebsstunden. Außerdem kann ein und dasselbe Sonnenbankmodell mit Leuchtmitteln unterschiedlicher Herstellern bestückt sein. Dies beeinflusst Bestrahlungsstärke und spektrale Verteilung.

Ergebnisse zur ungewichteten UV-Bestrahlungsstärke der Sonnenbänke

Ungewichtet heißt, dass hier lediglich die physikalischen Parameter der Strahlung gemessen werden. Ohne dass man die Bestrahlungsstärke der einzelnen Wellenlängen mit einem Faktor für ihre Sonnenbrandwirksamkeit multipliziert (gewichtete UV-Strahlung).

Vergleich der ungewichtete UVB-Bestrahlungsstärke

  • In Barcelona strahlt die Sonne im UVB-Bereich im Sommer, mittags mit ca. 1,75 W/qm und im Winter mit ca. 0,25 W/qm.
  • Die spanischen Sonnenbänke strahlen im UVB-Bereich zwischen 0,05 bis 2,09 W/qm.
  • 5 Sonnenbänke gaben mehr UVB ab als die Sommersonne.
  • Die meisten Sonnenbänke entsprachen der Frühlingssonne.
  • ein Drittel strahlte so schwach wie die Wintersonne.

Vergleich der ungewichteten UVA-Bestrahlungsstärke

  • Die UVA-Strahlung unter der Sonne in Barcelona beträgt im Sommer ca. 60 W/qm und im Winter ca. 20 W/qm.
  • Die spanischen Sonnenbänke strahlen im UVA-Bereich von 78,05 bis 367,13 W/qm. Die UVA-Strahlung war somit in allen Sonnenbänken höher als die der Sommersonne. Im Mittel 2-4 Mal so hoch, bei manchen Bänken sogar 6-7 Mal so hoch.
  • Das Verhältnis von UVA zu UVB der Sonne in Barcelona liegt im Winter bei ca. 70 und im Sommer bei ca. 20.
  • Das Verhältnis von UVA zu UVB der Sonnenbänke variierte zwischen 58 bis 3142 und lag im Mittel bei 404 ± 524.

Vergleich der sonnenbrandgewichteten UV-Bestrahlungsstärke

  • Die sonnenbrandwirksame Gesamtbestrahlungsstärke (Summe aus der sonnenbrandwirksamen Bestrahlungsstärke der einzelnen Wellenlängen im UVA- und UVB-Bereich zusammen) der Sonnenbänke variierte zwischen 0,05 und 0,42 W/qm. Dies entspricht einem UVI von 2 bis 16.
  • Der Durchschnitt der Sonnenbänke lag bei 0,22 ± 0,09, UVI = 9. Dies entspricht der Sommersonne in Barcelona. Allerdings haben 40 % der Sonnenbänke eine stärkere Bestrahlungsstärke abgegeben.
  • Gemäß der Klassifizierung der WHO gilt UVI von 2 als niedrig und UVI von 11 als extrem hoch und gesundheitsgefährdend. Die Äquatorsonne hat einen UVI von 12.
  • 11 Sonnenbänke überschritten die Bestrahlungsstärke von 0,3 W/qm, dem europäischen Standard, der auch vom spanischen Gesetzgeber übernommen wurde. Diese Studios wurden gemäß dem span. Recht geschlossen und mussten sich erneut zertifizieren lassen.
  • Je nach der Verteilung der sonnenbrandwirksamen Bestrahlungsstärke im UVA und UVB Bereich schreibt die EU seit 2010 vor, ob zum kommerziellen Betrieb einer Sonnenbank ungeschultes, geschultes oder gar medizinisch geschultes Personal nötig ist. Die Messungen dieser Studie ergaben, dass 56% der untersuchten Sonnenbänke mit ungschultem Personal betrieben werden können, 10 % der Sonnenbänke machten geschultes Personal erforderlich und 29 % hätten sogar medizinisch geschultes Personal erforderlich gemacht. Diese Regelung ist allerdings vom spanischen Gesetzgeber nicht übernommen worden.

In welchem Wellenlängenbereich beginnt die Emission der UVB Strahlung?

Unter der natürlichen Sonne beginnt die UV-Strahlung im Sommer bei ca. 290 nm und im Winter bei ca. 300 nm. Sonnenbänke mit Niederdruckröhren zeigten häufig auch im Wellenlängenbereich von 280 bis 290 nm eine Emission. Bei Sonnenbänken mit Hochdruck Leuchtmitteln begann die Emission erst bei > 290 nm.

Dosisbetrachtungen: In welchem Zeitraum erreicht man unter spanischen Sonnenbänken eine SED bzw. MED?

Beim Benutzen einer Sonnenbank stellt sich für den Kunden immer die Frage: Wie lange soll ich mich denn bestrahlen?

Die Bestrahlungszeit ist von 2 Gegebenheiten abhängig:

1: Der Bestrahlungsstärke der Sonnenbank (siehe oben)

2: Dem Hauttyp (=Sonnenbrandempfindlichkeit) des Benutzers

SED: Standard-Erythem-Dosis

Eine SED ist eine rein physikalische Einheit und setzt sich aus der sonnenbrandgewichteten Bestrahlungsstärke x Bestrahlungszeit zusammen.

Gemäß der europäischen Norm wird empfohlen, bei der ersten Bestrahlung eine Standard-Erythem-Dosis  SED von 100 J/qm nicht  zu überschreiten. Dies ist als eine niedrige Testdosis für die erste Bestrahlung gedacht.

Im Sommer erreicht man unter der wolkenlosen Sonne 1 SED innerhalb von 7 Minuten.

Unter den spanischen Sonnenbänken erreicht man 1 SED  in 4 bis 38 Minuten. Bei 48 % der Sonnenbänke erreicht man  1 SED schneller als unter der Sonne.

Bei 63 % der Geräte wurde 1 SED innerhalb von 10 Minuten erreicht.

MED: Minimale-Erythem-Dosis

In die Minimale-Erythem-Dosis (MED) fließt auch der Hauttyp mit ein. Eine MED ist der Schwellenwert, ab dem, je nach Hauttyp, ein Sonnenbrand erzeugt wird. Für den Hauttyp II liegt die MED bei 250 J/qm.

Betrachtet man die MED für HT II, also diejenige Bestrahlungszeit, die benötigt wird um einen Sonnenbrand zu erzeugen, ergibt sich folgendes Bild: 1 MED (HT II) wird unter spanischen Sonnenbänken in 10 bis 95 min erreicht. Mittelwert: 24 ± 16 Min.

1 MED der Sommersonne in Barcelona wird in ca. 18 Min erreicht.

55 % der Sonnenbänke liegen unter dieser Zeit.

Fazit:

  • Der spanische Gesetzgeber limitiert die zulässige erythemwirksame Bestrahlungsstärke einer Sonnenbank auf 0,3 W /qm. Hierin stimmt er mit dem europäischen und deutschen Standard überein.
  • 21 % der untersuchten Sonnenbänke überschritten diesen Wert und wurde deshalb bis zur Rezertifizierung geschlossen.
  • Berücksichtigt man die Bestrahlungsstärke im UV-A und UV-BC Bereich getrennt, gemäß dem europäischen Standard, müssten 29 % der Sonnenbänke mit medizinisch geschultem Personal betrieben werden. Dies sieht der span. Gesetzgeber aber nicht vor.
  • Ebenso wenig gibt es in Spanien eine gesetzliche Vorschrift, die Bestrahlungsdauer oder Bestrahlungsdosen festlegt.
  • Bei mindestens der Hälfte der spanischen Sonnenbänke wird die SED und MED schneller erreicht, als unter der natürlichen Sonne.
  • Die meisten Sonnenbänke emittierten weniger UVB als die Sommersonne in Barcelona. Allerdings beginnt bei einigen Sonnenbänke die UVB Emission bei kürzeren Wellenlängen als beim Sonnenspektrum.
  • Die UVA Emmission ist 2 bis 7 mal stärker als die der Sonne.

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Es herrscht also eine große Variabilität bei den spanischen Sonnenbänken. Dies gilt sowohl für die Bestrahlungsstärke, als auch für die spektrale Verteilung. Selbst auf die Einhaltung der maximalen erythemwirksamen Bestrahlungsstärke von 0,3 W/qm kann man sich nicht verlassen, trotz gesetzlicher Vorschrift.

Daraus folgt für den Kunden, dass die Bestrahlungszeiten nicht nur dem individuellen Hauttyp, sondern auch der unterschiedlichen Bestrahlungsstärke der jeweiligen Sonnenbank angepasst werden müssen.

Dies macht es für den Kunden sehr schwierig das richtige Maß bei der künstlichen Bestrahlung zu finden. Den eigenen Hauttyp kann man leicht mittels eines Fragebogens bestimmen. Aber die Bestrahlungsstärke und die spektrale Gewichtung zwischen UVA und UVB sieht man der Bank nicht an.

Auch wenn man sich an eine Sonnenbank eines Herstellers „gewöhnt“ hat, d. h. die Bestrahlungszeiten durch Ausprobieren herausgefunden hat, kann man nicht davon ausgehen, bei einer anderen Bank dieselben Bedingungen vorzufinden. Die gilt nicht einmal für identische Modelle eines Herstellers. Schließlich müssen die Leuchtmittel im Laufe der Zeit ausgetauscht werden und es ist möglich, dass die Neuen andere Parameter haben als die Alten.

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Im Umgang mit spanischen Sonnenstudios ist es also ratsam ganz besondere Vorsicht walten zu lassen!

Literatur

[1]          Y. Sola, D. Baeza, M. Gómez, und J. Lorente, „Ultraviolet spectral distribution and erythema-weighted irradiance from indoor tanning devices compared with solar radiation exposures“, J. Photochem. Photobiol. B, Bd. 161, S. 450–455, Aug. 2016.

 

[2]   EN 60335-2-27: Household and similar electrical appliances – Safety – Part 2-27: Particular requirements for appliances for skin exposure to ultraviolet and infrared radiation (IEC 60335-2-27:2009, modified); German version 2013

 

 

 

 

Dr. Andrea Zgaga-Griesz
azg

Hallo, ich bin promovierte Diplom-Biologin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Lebenswissenschaften, Sachbuchautorin und Bloggerin.

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