UV-Strahlung und Reptilien

Krokodil cocodrile

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Reptilien und UV-Strahlung

Sie sind sicher schon mal durch eine größere Zoohandlung gebummelt oder haben im Zoo die exotische Vielfalt der Reptilien betrachtet. Da Echsen und Schlangen wechselwarme Tiere sind, können sie ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Umgebung warm ist, damit der Stoffwechsel in Schwung kommt und sie bewegungsfähig sind. Diesem Bedürfnis kommt man in diesen künstlichen Lebenswelten durch die Anbringung von Wärmelampen nach.  Zusätzlich gibt es in den meisten Terrarien auch UV-Strahler, sozusagen ein Solarium für Reptilien. Ist das überzogenen Tierliebe oder tatsächlich sinnvoll?

Wozu benötigen Reptilien/Amphibien UV-Strahlung in ihrer Umwelt?

Dazu muss man zunächst anmerken, dass UV-Strahlung in der freien Natur eine natürliche Komponente des Lebensraums dieser Tiere ist. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass UV-Strahlung verschiedene Funktionen im Leben eines Reptils erfüllt:

1) Bildung von Vitamin D:

  • Ebenso wie der Mensch bilden viele Reptilien Vitamin D über die Haut. Sie benötigen dazu UVB-Strahlung. Ebenso wie beim Menschen kann dieses Vitamin aber auch über die Nahrung zugeführt werden.
  • Anders als der Mensch können einige Reptilien ihren Vitamin D Spiegel messen! Man vermutet Vitamin D Rezeptoren im Gehirn. Sie veranlassen, dass das Tier sein Sonnenverhalten entsprechend anpasst bzw. bevorzugt Vit. D reiche Beutetiere frisst.
  • Vit. D macht Echsenmänner sexy! Die Männchen der iberischen Gebirgseidechse scheiden Provitamin D in Drüsen unter den Oberschenkeln (Femoraldrüse) aus. Dies macht sie für Echsendamen besonders attraktiv!

2) UV als Informationsquelle:

  • Unter UV-Einstrahlung treten einige Farbmuster auf der Reptilienhaut verstärkt hervor. Dies dient der innerartlichen Kommunikation u. a. natürlich auch der Partnerwahl.
  • Sekretspuren zur Markierung des Reviers können nicht nur mit Duftstoffen, sondern auch mit UV-absorbierenden Stoffen versehen werden.
  • Blütenfarben: Blüten, angestrahlt mit UV und wahrgenommen mit (UV-empfindlichen) Reptilienaugen enthalten u. U. ganz andere Informationen, als wir sie wahrnehmen.
  • Fehlt eine UV-Beleuchtung im Terrarium kann das Tier u. U. Artgenossen oder Nahrung nicht richtig erkennen. Wird die UV-Beleuchtung im Terrarium dagegen verbessert, beobachtet man häufig eine „Antriebsteigerung“ der Tiere: Futter, das bisher verweigert wurde, wird auf einmal angenommen und potentielle Sexualpartner findet man nun interessant.

3) UV als Gefahrenquelle:

  • Sonnenbrand und Co.: UV-Strahlung kann auch bei Reptilien Sonnenbrand und Augenentzündungen hervorrufen. Sind die UV-Strahler im Terrarium zu stark oder zu nahe über der Oberfläche angebracht, kann es zu diesen Verbrennungen, auch mit tödlichem Ausgang, kommen.
  • Vereinzelt findet man auch Berichte über Hautkrebs bei Reptilien, die in Gefangenschaft lebten. Auch hier vermutet man Fehler bei der UV-Bestrahlung.

Wie sehen Reptilien/Amphibien ihre Umwelt?

Der prinzipielle Aufbau des Reptilienauges ist dem menschlichen sehr ähnlich: Licht wird durch ein optisches System (Hornhaut und Linse) gebündelt und fällt auf eine lichtempfindliche Zellschicht (Netzhaut). Diese Zellen wandeln die Lichtreize in elektrische Impulse um, die vom Gehirn verarbeitet werden.

Es gibt 2 grundsätzliche Arten von Lichtsinneszellen: Die Stäbchen sind besonders lichtempfindlich und ermöglichen das Dämmerungssehen. Allerdings nur in schwarz/weiß. Deshalb sind nachts alle Katzen grau.

Die Zapfen sind für die Unterscheidung von Farben zuständig. Es gibt verschiedenen Ausführungen mit unterschiedlichen Empfindlichkeiten für die verschiedenen Wellenlängen des sichtbaren Lichtes.

Scharfstellen:

Menschliches Auge:

Für ein scharfes Abbild der Welt sorgt die Hornhaut und vor allem die Linse. Mit Hilfe des Ciliarmuskels verformt sich die Linse (Akkomodation)  und wir sehen wahlweise in der Nähe oder in der Ferne scharf.

Reptilien/Amphibienauge:

Das Chamäleon jagt mit seiner langen klebrigen Zunge. Um die Beute auch richtig zu treffen, ist es darauf angewiesen, schnell und exakt scharf zu stellen. Dazu besitzt 2 stark bewegliche „Tele-Augen“. Es sieht stark vergrößert, dafür aber nur einen kleinen Bildausschnitt. Zum Scharfstellen kann nicht nur die Form der Linse verändert werden, sondern auch die der Hornhaut.

Der Frosch hingegen kann seine Augen nicht bewegen. Will er ein Objekt mit den Augen verfolgen, muss er den Kopf bzw. Körper drehen. Frösche sehen nur bewegte Gegenstände und sind sehr kurzsichtig. Der Bereich des scharfen Sehens beträgt nur ca. 15 cm.

Die Rotwangenschmuckschildkröte besitzt stark akkomodationsfähige Augen. Auf diese Weise sieht sie sowohl über als auch unter Wasser scharf.

Meeresschildkröten sind hauptsächlich an das Leben im Wasser angepasst und an der Luft entsprechend kurzsichtig.

Krokodile können die Form der Linse gar nicht verändern. An der Luft sehen sie auf mittlere Distanzen gut, im Wasser sind sie weitsichtig.

Schlangen verändern nicht die Dicke der Linse zum Scharfzustellen. Stattdessen verschieben sie die Linse entlang der optischen Achse.

Farbsehen:

Menschliches Auge:

Unter den Säugetieren verfügen nur die Menschen und andere Primaten ein ausgeprägtes Farbsehen. Die meisten Säuger besitzen nur 2 Arten von Farbsinneszellen (Zapfen). Sie sehen nur blau und grün. Nachtaktive Säuger oder Meeressäuger besitzen nur eine Zapfenart und sind  somit gänzlich farbblind.

In der menschlichen Netzhaut sorgen drei Arten von Zapfen für die Wahrnehmung von roten, grünen und blauen Wellenlängen. Aus der Kombination der 3 Signale und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Intensität generiert die Software im unserm Gehirn daraus alle Regenbogenfarben.

Reptilien/Amphibienauge:

Viele Arten von Reptilien und Amphibien besitzen ein hochentwickeltes Farbsehen. Die meisten tagaktive Echsen und Amphibien besitzen vier Arten von Zapfen. Neben Rot, Grün, Blau auch solche die auf UVA ansprechen.

Das menschliche Auge besitzt keine UVA empfindlichen Zapfen. Darüber hinaus absorbiert die menschliche Linse den größten Teil der UV-Strahlung, so dass auf der Netzhaut nur ein geringer Anteil ankommt.

Wir sollten unsere Unfähigkeit UV zu sehen aber nicht als Mangel, sondern als Schutz ansehen! Die energiereichen UV-Strahlen zerstören im Laufe der Jahre die sensiblen Lichtpigmente in der Netzhaut und trüben die Linse ein. Vor der Eintrübung der Linse  (grauer Star) sind wir auch nicht gefeit. Viele Menschen entwickeln einen grauen Star. Allerdings erst im höheren Lebensalter, wenn sich im Lauf der Jahre viele UV-Schäden angesammelt haben. Unsere Netzhaut dagegen ist einigermaßen geschützt, durch die hohe Absorptionsfähigkeit der Linse.

Aufgrund der zerstörerischen Kräfte der UV-Strahlen findet man UV-Sehen besonders häufig bei eher kurzlebigen Tieren wie Vögeln und Insekten.

Man spekuliert, dass das ausgeprägte Farb- und UVA-Sehen bei den Säugern in der Evolution verloren ging, da die ersten Säuger nachtaktive Tiere waren.

Das besser entwickelte Farbsehen der Primaten wurde dann später erneut „erfunden“: Das Gen für den  „grüne“ Zapfen verdoppelte sich und erhielt das Anregungsmaximum bei den roten Wellenlängen.

Sie sehen also, UV-Bestrahlung im Terrarium ist kein unnötiger Schnick-Schack sondern für das Wohlbefinden der Tiere absolut lebensnotwendig!

Reptilienfreunde seien für weitere Infos auf die Seite von Sarina Wunderlich, Licht-im-Terrarium.de verwiesen. Eine wahre Fundgrube an fundiertem Wissen zum Thema Reptilien und Licht.

 

Dr. Andrea Zgaga-Griesz
azg

Hallo, ich bin promovierte Diplom-Biologin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Lebenswissenschaften, Sachbuchautorin und Bloggerin.

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